Elisabethkapelle

Elisabethkapelle

Die hl. Elisabeth, Otto von Botenlauben und Reiterswiesen

Gäbe es eine Hitliste der Heiligen, sie würde sie mit weitem Abstand anführen, diese Lichtgestalt der Christenheit, um die sich so viele erhebende Geschichten ranken. Seit Jahrhunderten ist ihre Verehrung grenzenlos in ganz Europa. Ihr sind Kirchen, Kathedralen, Stifte, Hospitäler und Klöster gewidmet, auch hier in der Region. In Reiterswiesen aber wird sie aus gutem Grund besonders verehrt.

Das Krankenhaus und ein Altenheim in Bad Kissingen tragen Ihren Namen und in Garitz ist sie Patronin der Kirche. Bedeutende Kunstwerke, die die Landgräfin darstellen, können wir in Münnerstadt bewundern. In der Magdalenenkirche zeigt ein gotisches Chorfenster Szenen aus ihrem Leben und die Darstellung der Heiligen mit Brot und Bettler im Riemenschneideraltar der Kirche gehört zu den bekanntesten Motiven der Fürstin der Armen. Sehenswert ist auch ein Deckengemälde in der kleinen Elisabethkirche von Trimberg mit dem seltenen Motiv ihrer Flucht von der Wartburg,

In Reiterswiesen prägt die ihr gewidmete Kapelle den Horizont auf der Stöckeshöhe. Die Dorfvereine haben 1986/87, nach der 750 Jahrfeier des Ortes, auf einem der schönsten Plätze unserer Flur ein kleines Andachtshaus errichtet. Ihre stets mit Blumen geschmückte Statue blickt über das Tal hinweg auf Burg Botenlauben. Diese Sichtverbindung ist damals bewusst gewählt worden und sie ist auch der Grund für die Namensgebung. Denn sie lebten zur gleichen Zeit, nur eine Tagesreise voneinander entfernt und sie waren verwandt. Die Thüringer Landgräfin Elisabeth und der Minnesänger und Kreuzfahrer Graf Otto von Botenlauben, der nicht zuletzt durch ihr Vorbild auch zum Klostergründer wurde.

Wer war sie eigentlich?
In der ungarischen Burg Sárospatak, wird dem König Andreas II. am 7.7.1207 ein Mädchen geboren. Sie wird Elisabeth getauft. Die Mutter des kleinen Mädchens war die bayerische Herzogin Gertrud aus der dem Hause Andechs-Meranien. Die Königstochter hat also einen edlen Stammbaum. Eine hochadelige, privilegierte Zukunft erwartet sie und nichts deutet darauf hin, dass sie zwei Jahrzehnte später ihr Leben selbstlos Armen und Kranken weiht.

Ihre Verbindung zu Reiterswiesen
Den Andechs-Meraniern gehörten weitere bedeutende Persönlichkeiten der Zeitgeschichte an. So auch Gräfin Sophia von Andechs. Und sie ist der Brückenschlag zu Reiterswiesen, zu Burg Botenlauben. Denn sie ist die Mutter des Otto von Botenlauben. Der bedeutendste Bewohner der Burg ist also Mitglied dieser hoch angesehenen Familie und die Königstochter Elisabeth ist blutsverwandtmit ihm. Sie ist seine Großcousine. 

 Von der Königstochter zur Heiligen
Die kleine Prinzessin Elisabeth wird schon mit vier Jahren zum Spielball europäischer Politik. In einem der damals üblichen Hochzeitsversprechen wird das Kind mit Hermann, dem Landgrafensohn von Thüringen verlobt und nach Eisenach auf die Wartburg verbracht, wo sie mit ihrem zukünftigen Ehemann und dessen Geschwistern aufwächst. Sie sollte ihre Heimat nie wieder sehen. Elisabeth wird als klug, selbstbewusst und mutig geschildert. Sehr zum Unmut ihrer künftigen Schwiegermutter auf der Wartburg nimmt sie aber schon als Heranwachsende eine distanzierte Haltung zum Gehabe der Hofgesellschaft einZwei schicksalhafte Ereignisse hätten ihr Leben beinahe völlig verändert. 1213 wird ihre Mutter in Ungarn ermordet und drei Jahre später stirbt der ihr zugedachte Ehemann Hermann. Ihre Situation ist unsicher, sie ist politisch nichts mehr wert, seit ihr Verlobter tot ist und mit ihrer überzeugt gelebten Frömmigkeit hat sie sich am Hof viele Feinde gemacht.

Ihr kurzes Glück
Doch 1218 wendet sich ihr Schicksal entscheidend. Ludwig, mit dem sie aufwuchs, will das Verlobungsversprechen seines verstorbenen Bruders einlösen. Gegen den ausdrücklichen Rat des Hofes. Es ist eine große Liebe. 1221 wird ein großes, mehrtägiges Hochzeitsfest gefeiert, mit allem Prunk, für den die Wartburg gerühmt wird. Es ist zu vermuten, dass auch die Botenlauber, als nahe Verwandte durch den Thüringer Wald hinan zur Wartburg gezogen sind um mitzufeiern. Es ist eine von gegenseitigem Respekt und Vertrauen bestimmte Verbindung. Drei Kinder gehen aus dieser Ehe hervor. Diese außergewöhnliche Liebe trägt auch, als sich Elisabeth mehr und mehr vom Leben im Überfluss und höfischen Riten entfernt und so den gesamten Hof gegen sich aufbringt.

Ihr Leben für die Armen 
Ludwig, ihr Ehemann, ist ein gläubiger Mann mit Herzensadel. Seine Toleranz ist Voraussetzung, dass sie später eine Heilige werden sollte. Sie gründet das „Siechenhaus für arme Kranke und Bettler“ unterhalb der Wartburg. Zwei Jahre später folgt in Gotha eine zweite Hospitalgründung. Im Hungerjahr 1225 öffnet sie die gräflichen Speicher und Vorratshäuser, um die hungernde Bevölkerung zu speisen. Täglich sollen es neunhundert Bedürftige gewesen sein, die sie selbst versorgt. Ihre christliche Demut, Nächstenliebe und fromme Lebensführung sind unerhört in Adelskreisen. Sie   stellt die höfische Grundordnung auf den Kopf und ihre Mitmenschen, die Armen und Kranken in den Mittelpunkt ihres Lebens. Sie folgt den Idealen des größten Veränderers ihrer Zeit, fühlt sich im Geist verbunden mit dem Ärmsten der Armen, mit Franz von Assisi.

 Flucht oder Vertreibung?
Als Papst Gregor IX. zum erneuten Kreuzzug aufruft, bestimmt er den Landgrafen Ludwig, Elisabeths Ehemann, zu seinem Stellvertreter. Der bricht mit seiner Heerschar auf nach Brindisi, wo er sich mit dem Kaiser treffen will. Als ahnte sie ihr Schicksal, trägt Elisabeth vom Tag der Trennung an nur noch Witwenkleider. Wenige Wochen später wird es zur traurigen Gewissheit. Ludwig stirbt in Italien am Fieber.
Sie hat am Hof jetzt keine Freunde mehr, man befürchtet, dass sie mit ihrer Fürsorge für die Armen das Familiengut der Dynastie verschleudern könnte. Sie flieht völlig mittellos nach Marburg, erhofft sich dort Zuflucht, denn die Stadt war eine Morgengabe ihres Ehemanns Ludwig zur Hochzeit. Aber man schüttelte auch dort den Kopf über sie. Sie war auch dort allein, ungelitten, hatte nur noch sich und den durch ihren charismatischen Beichtvater Konrad von Marburg angefachten verzehrenden Glauben.

Die Witwe soll den Kaiser heiraten
Ihre Verwandtschaft hingegen will sie möglichst schnell wieder verheiraten. Mit ihrem Schwager, dem deutschen König Heinrich Raspe. Sie lehnt ab. Ihre Tante Mechthild, Äbtissin im Kloster Kitzingen holt sie zu sich. Sie bleibt nicht. Später will sie ihr Onkel, Bischof Ekbert von Bamberg mit keinem geringeren als dem mächtigsten Herrscher des Mittelalters, dem gottgleichen Kaiser Friedrich II. verheiraten. Als sie sich weigert, setzt er sie auf Burg Pottenstein in „ehrenvoller Gefangenschaft“ fest. Aber auch das bricht ihren Willen nicht, sie will zurück zu ihrer Aufgabe, zu ihrem Spital, um sich den Ärmsten der Armen zu widmen.

Elisabeth stirbt 
Auch in ihrem eigenen Krankenhaus beschränkt sie sich nicht auf die Leitung. Sie verrichtet niedrigste Arbeiten, pflegt Kranke mit ansteckenden Krankheiten, opfert sich in völliger Selbstaufgabe auf. Ihr geschwächter, überforderter Körper steckt sich mit Tuberkulose an.
Sie ist erst 24, aber sie weiß, das ist das Ende. Sie ruft noch Freunde, Bekannte, Mägde und nur wenige Adelige an ihr Sterbebett, um sich zu verabschieden.

In der Nacht zum 17. November 1231 spricht sie ihr letztes Gebet.

Graf Otto bei Elisabeths Beerdigung?
Die innige Verehrung für die Verstorbene übertraf alles bisher da gewesene. Tausende strömten am Sarg vorbei. Schon wurden kleine Fäden ihres Gewands abgezupft, als Erinnerung an die Hochverehrte. Mutigere schnitten gar kleine Stücke von ihrem Gewand. Der Reliquienkult der damaligen Zeit war allgegenwärtig. Stunden später war sie fast völlig entkleidet. Selbst vor Ihrem Körper machte man nicht halt, der Leichnam wurde grotesk verstümmelt. Es ist nicht belegt, dass das Grafenpaar Otto und Beatrix an der Beerdigung teilgenommen haben, aber es bleibt festzuhalten, dass sie – noch im Banne der Ereignisse – im gleichen Monat erste Schritte zur Klostergründung in Frauenrothunternommen haben.

Schnelle Heiligsprechung 
Nur 4 Jahre nach ihrem Tod wurde sie „zur Ehre der Altäre erhoben“. Nur Petrus und ihr Vorbild Franz von Assisi sind schneller heiliggesprochen worden als Elisabeth. Die Überführung ihrer Gebeine in die Ihr gewidmete Kirche in Marburg, geriet zu einem nie dagewesenen Ereignis. Chronisten sprechen von einer Million Menschen, die der Zeremonie beiwohnen wollten. Die Adelshäuser aus ganz Europa sind gekommen. Natürlich die Andechs-Meranier, die Henneberger und mit ihnen wohl auch Otto und Beatrix. Den festlichen Zug führt kein geringerer an als Kaiser Friedrich II.

Er setzt ihr eine Krone aufs Haupt mit den Worten:

 „Ich durfte sie auf Erden nicht zur Kaiserin krönen, so will ich sie jetzt ehren mit dieser Krone als eine ewige Königin in Gottes Reich.

 Vielen Dank an Werner Vogel

 Quellen: Christophorus Verlag: Das Leben der Landgräfin von Thüringen; E. Kantorowitz: Kaiser Friedrich II. J. Römer: Krone, Brot und Rosen, T. Röhrig: Wie ein Lamm unter Löwen, Bad Kissinger Archivschriften: Otto v. Botenlauben, Heimatverein Reiterswiesen:  Heimatblatt II 2007